John Cage
John Cage wurde 1912 in Los Angeles (Vereinigte Staaten)
geboren und starb im Jahre 1992. Während seines Studiums
nimmt er Klavierunterricht bei dem Komponisten Fannie
Charles-Dillon. Er begeistert sich für die Stücke von
Edvard Grieg und die Schriften von Gertrude Stein. 1930
beginnt er sein Architekturstudium in Paris und wendet
sich kurz darauf der Malerei zu. Gleichzeitig beginnt er,
zu komponieren. Als er wieder in die Vereinigten Staaten
zurückkehrt, lebt er von seinen Einführungskursen in
die Musik und die zeitgenössische Malerei. Er wird
nacheinander Schüler des Pianisten Richard Bühlig in
Los Angeles, des Komponisten Henri Cowell in New York und
von Adolf Weiss. Auf Betreiben des letzteren hin kehrt er
nach Los Angeles zurück, um dort unter der Leitung von
Arnold Schönberg zu studieren. Als John Cage eine
Filmmusik für den abstrakten Cineasten Fischinger
komponiert, beginnt er, sich dem Schlagzeug und den
Rhythmen zuzuwenden. 1937 begegnet er Merce Cunningham
und komponiert seine erste "Construction in
Metal". 1938 erfindet er das "präparierte
Klavier" [Prepared Piano] in einer Komposition für
das Ballett von Sylvilla Fort. Er schiebt diverse
Gegenstände zwischen die Saiten, um eine möglichst
große Klangfarbenvielfalt zu erzielen. 1939 entsteht
"Imaginary Landscape", ein
elektronisches Stück. 1941 komponiert er zusammen mit
Kenneth Patchen das Hörspiel "The City wears a
slouch hat", das auf der Klangimitation
tatsächlicher Geräusche einer Stadt beruht. Auf die
Einladung von Laszlo Moholy-Nagy hin unterrichtet er im
Chicago Institute of Design. Er wird von Max Ernst und
Peggy Guggenheim 1942 empfangen und begegnet Piet
Mondrian, André Breton und Marcel Duchamp. Ab 1944
übernimmt John Cage die musikalische Leitung der Merce
Cunningham and Dance Company. 1945 studiert er die
indische Denkweise und Musik und befaßt sich mit dem
Zen. 1947 komponiert er die Musik zu Richters Film "Dreams
that Money Can Buy". Auf einer Konferenz
("Defence of Satie") im Black Mountain College
stellt er 1948 die westlichen Musik der östlichen Musik
gegenüber, in der man es versteht, die Stille als
Gegenstück zum Klang einzusetzen. 1949 definiert er eine
Zersetzungsmethodologie und komponiert seine ersten
Stücke, bei denen auch der Zufall mitwirkt. 1952 führt
John Cage mit Merce Cunningham, Robert Rauschenberg,
David Tudor, Charles Olson und M.C. Richards, John Cage
im Black Mountain College ein Event auf, bei dem
verschiedene künstlerische Disziplinen zum Tragen
kommen. Es handelt sich hier um eines der ersten
Happenings überhaupt. Ab 1954 bezieht er den Begriff der
Ungewißheit in seine Musikkompositionen ein. Von 1956
bis 1960 unterrichtet er an der New School for Social
Research. Zu seinen Schülern gehören George Brecht,
Dick Higgins und Allan Kaprow, die später eine wichtige
Rolle in der Entwicklung des Happenings und des Fluxus
spielen würden.
Bibliographie: D. Charles, John Cage,
Toulouse, Verl. Privat, 1988. Jean-Yves Bosseur, Daniel
Caux, John Cage, Paris, Verl. Minerve, 1993.Concept-art
"Konzeption", die erste
große Concept-art-Veranstaltung, fand 1969 in
Deutschland in Leverkusen statt. Der Ausdruck
"Concept art" wird erstmals von Henry Flint
1961 auf einem Fluxus-Treffen verwendet. Joseph Kosuth
und die Gruppe Art & Language übernehmen
den Ausdruck, verwenden ihn jedoch in einem anderen Sinn.
Der Begriff drückt die Erforschung des Begriffs
"art" aus, das Kunstobjekt verschwindet und
macht der Analyse Platz. Die Gruppe Art & Language
(Terry Atkinson, David Bainbridge, Michael Baldwin,
Harold Hurrell, Ian Burn, Mel Ramsden, Philip Pilkington,
David Rushton), die 1969 die Zeitschrift Art-Language
gegründet hat, zeigt auf, daß die Sprache nicht als
Kunst angewendet wird, sondern zur Kunstanalyse dient. Es
handelt sich hier vor allem um eine angelsächsische
Richtung, die auf die analytische Philosophie Bezug
nimmt, wobei man sich den Künstlern bestimmter Minimal
art-Gruppen annähert. In der Concept art versucht man,
das künstlerische Element mittels der mit ihm
verbundenen Rede herauszuarbeiten. Die ersten
Concept-Kunstwerke sind Kunstwerke, deren einzige
Funktion darin besteht, sich selbst zu sein:" One
and Three Chairs" von Joseph Kosuth besteht aus
einem Liegestuhl, dem Foto eines Stuhls und der
vergrößerten Wörterbuchdefinition des Begriffs
"Stuhl". 1970 fand im Cultural Center in New
York die erste Ausstellung statt, die ausschließlich der
Concept-art gewidmet war. Für die Ausstellung
wurde ein Katalog herausgegeben, in dem "Art after
philosophy" von Joseph Kosuth veröffentlicht wurde,
ein Artikel, der zuvor in der Zeitschrift Studio
International 1969 erschienen war. Durch die
Konzeptkunst werden zwei wichtige Anschauungen
eingeführt: die künstlerische Produktion soll dem
Erkennen von Kunst dienen; das Kunstwerk ist nicht mehr
eine Finalität an sich.
Bibliographie: Catherine Millet,
"Conceptual (art)", Encyclopaedia
universalis (corpus 6), Paris, 1995. L'Art
conceptuel, une perspective, Paris, Musée d'Art
Moderne de la Ville de Paris, 1990.
Merce
Cunningham
Merce Cunningham wurde 1919 in Centralia in den
Vereinigten Staaten geboren. Von 1939 bis 1945 ist er
Tänzer und Solist bei der Truppe von Martha Graham.
Seine Begegnung mit John Cage wird für seine
choreographische Richtung wegweisend sein. Die
Zufallsverfahren von Cage, das "Buch der
Umwandlungen" (Yi-Chang) und die Zen-Philosophie
ändern seine Wahrnehmung des Tanzes. Er erlebt den Tanz
von nun an als reine Bewegung. Seine Zusammenarbeit mit
John Cage, die 1942 begann, hält bis zum Tod des
Komponisten im Jahre 1992 an. Ab 1948 wenden sie ihre
Ideen im Black Mountain College an. In dieser
fächerübergreifenden Umgebung lernt Merce Cunningham
einige seiner zukünftigen Mitarbeiter kennen, so z.B.
Willem und Elaine De Kooning (The Ruse of Medusa,
1948), Robert Rauschenberg (Minutie, 1954) und
den Komponisten David Tudor. 1952 nimmt er mit John Cage,
David Tudor, Robert Rauschenberg, Mary Caroline Richard
und Charles Olson an einem "Happening" teil,
das berühmt geworden ist. Merce Cunningham vertritt eine
vollkommen neue Auffassung von Tanz, indem er die alte
erzählerische Konvention zugunsten der Bewegung
verwirft. Er kritisiert die Beziehung Tanz/Musik und
trennt diese beiden Begriffe voneinander. Er gibt jeder
dieser beiden Instanzen vollständige Autonomie. John
Cage und Merce Cunningham treffen für die Dauer eines
Stücks zusammen, erfahren jedoch von der Arbeit des
anderen erst am Vorabend der Aufführung. Die Tänzer
bewegen sich nicht auf Musik, sondern folgen einem
inneren Zeitgefühl. Durch seine Kontakte zu den
Avantgarde-Malern findet Merce Cunningham wieder zur
Bühne zurück, wo er die alte Hierarchie, die die Mitte
zum wichtigsten Punkt der Bühne macht, auflöst. Er
nimmt also die Einsteinsche Relativitätstheorie für
sich in Anspruch und weist jedem Punkt des Raumes den
gleichen Wert zu. Das bewog ihn schließlich dazu,
mehrere Veranstaltungen gleichzeitig aufzuführen. Ab
1964 herrscht in seinen Choreographien mehr und mehr die
Zufallskomponente vor; er organisiert Events, die auf
mehreren Stücken basieren und im letzten Augenblick
gestaltet wurden, damit man sich an unkonventionelle Orte
gewöhnen konnte (Event Museum, Vienne, 1964).
1967 entwirft Franch Stella das Bühnenbild von Scramble.
1968 führt Merce Cunningham Rain Forest auf
einer Bühne voller heliumgefüllter Silberkissen von
Andy Warhol auf. Im gleichen Jahr entsteht " Walkaround
Time", eine Choreographie, in der Marcel
Duchamp Jasper Johns die Adaptation des "Grand
Verre" anvertraut, um den Bühnenraum des
Balletts zu füllen. Jasper Johns wird nach Robert
Rauschenberg künstlerischer Direktor der Compagnie. Sie
hatten bereits 1952 zusammengearbeitet. Merce Cunningham
arbeitet mit dem Minimal-Art-Künstler Robert Morris bei Canfield
(1969) und Inlets (1977) zusammen. Bruce Nauman
entwirft das Bühnenbild von "Tread"
im Jahre 1970. Ab 1980 übernimmt Mark Lancaster die
künstlerische Beratung der Truppe. Ihm folgen 1984
William Anastasi und Dove Bradshaw. Außer John Cage
haben mehrere andere bekannte Musiker für Merce
Cunningham komponiert: so vor allem Pierre Shaeffer und
Pierre Henri sowie Pierre Boulez, La Monte Young oder
auch Jon Gibson. 1992 führt Merce Cunningham an der
Pariser Oper "Enter" auf, ein Stück,
das per Computer erstellt wurde. Ab 1974 bedient er sich
mit der Unterstützung von Charles Atlas des Videos als
Experimentierfeld: er benutzt die Frontalität vom
Gesichtspunkt des Zuschauers aus und macht zahlreiche
Kameraufnahmen unter verschiedenen Blickwinkeln. Er setzt
auch die elektronischen Besonderheiten des Videos ein. Er
kreiert Werke wie Blue Studio (1975) und Torse
(1977).
Bibliographie: Marcelle Michel, Isabelle
Ginot, La Danse au XXe siècle, Paris, Bordas,
1995, rééd. 1998. Raphaël de Gubernatis, Cunningham,
éd. Bernard Coutaz.
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