Just From Cynthia, 1995

CD-Rom, Mac, 8Mo,Ton, Farbe


Just from Cynthia ist eine CD-Rom, die Alberto Sorbelli bei der Ausstellung X/Y, dem zeitgenössischen Teil von Femininmasculin, le sexe de l'art im Centre Georges Pompidou im Jahre 1995 produziert hatte.

Alberto Sorbelli richtete im Centre Georges Pompidou ein Atelier ein und scharte für die Dauer der Ausstellung ein dreißigköpfiges Team um sich, dessen Mitglieder aus unterschiedlichen Berufsgruppen stammten. Es bestand unter anderem aus einer Filmemacherin (Judith Cahen), Kritikern (Jean-Claude Lebensztejn…), Programmierern (Antoine Schmitt…), Sängern (Anne Pigalle…), Grafikern (Philippe Ducat), … Die CD-Rom ist das Ergebnis eines Arbeitsprozesses in situ.

Alberto Sorbelli verwandelt einen Ausstellungsort in einen kreativen Raum und übernimmt die Funktion eines Produzenten, der in der Lage ist, ein Team mehrere Monate lang so zu motivieren, dass es die für das Projekt erforderliche Energie und Zeit aufbringt.

Beim Aufbau der CD-Rom ließ man sich von einem Unterhaltungsmagazin oder einer Frauenzeitschrift inspirieren. Erst erscheint der Rubrikenteil: Menschen, Gesundheit, Schönheit, Freizeit…… Diese Rubriken werden von den Mitwirkenden ganz unterschiedlich bearbeitet. Das Einsehen der CD-Rom beginnt mit einem Inhaltsverzeichnis in Form eines Teppichs – einem rosafarbenen Rechteck auf dem Bildschirm – auf dem alle Rubriken aufgeführt werden. Es ist jedoch unmöglich, den ganzen Inhalt zu sehen. So bleibt es jedem einzelnen überlassen, sich dieses rosafarbene Raster genauer zu betrachten und unter den vorgeschlagenen Sequenzen etwas auszusuchen, so z.B. Videoausschnitte, in denen kleine Fiktionen über die Person Cynthia gefilmt wurden, Tonausschnitte, die auf Prousts Romane zurückgehen, von Kritikern geschriebene Texte, oder interaktive Animationen, bei denen jeder seinen eigenen Techno-Musik-Mix kreiieren kann.

Cynthia, die Gallionsfigur der CD, ist zum einen zur damaligen Zeit wirklich Praktikantin im Centre Georges Pompidou, gleichzeitig aber eine für diese Gelegenheit erfundene Figur, die eher ein Vorwand als eine tatsächliche Heldin ist, ein Band, das alle Rubriken miteinander verknüpft und ein fiktionales Gewebe entstehen lässt. Dieses Erwarten der Fiktion bewegt sich in einer imaginären Welt, denn das Leben der Cynthia wird nicht preisgegeben. Es geht keineswegs darum, die Wahrheit zu dokumentieren, sondern einen Vorwand für das Navigieren zwischen den zwanzig angebotenen Rubriken zu schaffen.

Alberto Sorbelli wählt die Repräsentationscodes der Presse (Revue, Rubriken, die weibliche Person, Eponym des Titels…) und mischt sie zu einer künstlerischen, ungleichartigen und anachronistischen Welt auf der Grundlage von Zitaten Prousts, von Parodien auf Sokrates-Dialogen und interaktiven Sequenzen, bei denen die technischen Möglichkeiten der CD-Rom genutzt werden. Es sei darauf hingewiesen, dass nach 1995, dem Entstehungsjahr von Just from Cynthia die für das Internet bestimmten Kunstbeiträge entstanden und die CD-Rom ein etwas veralteter Mittler zwischen Künstlern und Lesern wird 1.

Laetitia Rouiller

1 Siehe Sites www.panoplie.org oder www.synesthesie.com.