Les Français vus par...: Le Dernier mot, 1988

PAL, Ton, Farbe


Für die Sendung anläßlich des zehnjährigen Bestehens des Figaro Magazine haben fünf Filmemacher einige Minuten zur Verfügung, um ein Porträt der Franzosen zu entwerfen. Jean-Luc Godard macht genau das Gegenteil und beschließt, kein Bild von Frankreich zu zeigen, sondern die Stimmen Frankreichs aufzunehmen.
Er stellt eine Liste mit einer gewissen Anzahl von Aussprüchen zusammen, geistreiche Bemerkungen berühmter Menschen, die ihnen in ihrem letzten Atemzug entglitten. Darunter auch die Valentin Feldmanns, ein junger Philosoph, dessen berühmte letzte Worte für seine Henker bestimmt waren: "Ihr Dummköpfe, ihr seid es doch, für die ich sterbe."
In einer Landschaft der Haute-Savoie treffen um ein Haus, einen See herum Vergangenheit und Gegenwart aufeinander. In dieser Natur, in diesem Nachkriegslicht, sind Männer und Frauen in heller Aufregung. Zwischen den Schreien gehen deutsche Soldaten umher. Der Tumult erfaßt auch zwei Männer, einen Geiger und einen "Besucher", der an den Ort der Tat zurückkehrte, um die Stimme und die Geschichte seines Vaters, ein ehemaliger deutscher Offizier, wiederzufinden. Der stumme Geiger ist kein anderer, als der Sohn des hingerichteten Häftlings. Alle beide sind die Erben und das Gedächtnis des Verbrechens, des Henkers und des Opfers. Die vergangene Geschichte kehrt stückchenweise wieder zurück, durch das leise Rauschen der Bäume, die Resonanzen der Musik, als könne der Klang allein die zeitlichen Grenzen überwinden. Godard übernimmt Phrasen der Musik von Bach, genauso wie er die letzten Worte des zum Tode Verurteilten stiehlt, ein vibrierendes Echo ihres letzten Kampfes.

Stéphanie Moisdon