Measures of Distance, 1988

PAL, Ton, Farbe


Als Mona Hatoum den Libanon verließ, ließ sie ihre palästinensische Familie und insbesondere ihre Mutter zurück. Measures of Distance spiegelt den Schmerz dieser Trennung wieder.
Hinter einer mit arabischen Wörtern karrierten Fläche, zeichnen sich abstrakte Formen ab. Dieser Schleier, diese undurchsichtige Wand, die wie ein zweiter Bildschirm zwischen unseren Blick und das Bild geschoben wurde, ist die Materie selbst eines Briefes der Mutter an die Künstlerin. Ein Liebesbrief, der durch die Entfernung zerrissen scheint und das Bild in einen abgeschlossenen, gefängnisartigen Raumes einschließt. Er erzählt von den Zweifeln und von der Hoffnung, vom Leben, wie es tatsächlich ist, vom Alltag, vom Krieg und den verlorenen Bildern eines geteilten Lebens. Die unmöglichen Bande wurden festgehalten, und auf Fotografien fixiert, die sich auf der Gitterfläche übereinanderschieben und die Erinnerung neu aufwallen lassen. Sie legen nach und nach bruchstückweise den Körper der Mutter frei. Denn die Fotografie ist die Spur dessen, was war, ein Gegenstand, der den vergangenen, vernichteten Augenblick wieder herstellen kann. Das Videobild dagegen kann diese Realität in eine andere Zeit und in einen anderen Raum übertragen, in eine Zwischenwelt, eine Regung des imaginären Lebens.

Mona Hatoum konstruiert eine Schichtung von Lese -und Darstellungsniveaus, eine ambivalente Ästhetik, die zum einen die Entfernung und zum anderen die Nähe einschließt. Die Briefmembran dient als dritter Körper, als Schnittfläche, und materialisiert gleichzeitig die Grenzen, die den Blick der Künstlerin entrücken und das, was sie an ihre Herkunft bindet.

Stéphanie Moisdon