Im Gegensatz zu den meisten Super-8-Filmen und Videos von Vito Acconci ist Two Takes ein emotionsloses Werk, das über die Besitznahme als Trieb und nicht unter dem Aspekt des Wunsches oder der Freude behandelt wird. Die beiden Sequenzen zeigen zwei Handlungen, die darin bestehen, daß der Künstler nach einem Objekt greift, das ausserhalb ihm ist.
Grass / Mouth ist eine feststehende Einstellung in Farbe auf den Oberkörper des Künstlers, mit einem Hintergrund aus grünen Blättern und einer Sonne wie im Sommer. Er stopft sich Gras in den Mund. Obwohl ihm zwischendurch übel wird, macht er weiter. Er schluckt das Gras nicht, er sammelt dieses natürliche und irdische Element seiner Umwelt in seinem Mund an. Neben der Konzentration des Künstlers auf die Handlung kann nur die Dichte desTriebes bei der Abwesenheit einer Entfernung das Verhältnis des Themas zu den Motivationen, die seiner Handlung zugrunde liegen, charakterisieren.
In der zweiten Sequenz, Hair / Mouth stopft sich Vito Acconci die langen Haare von Kathy Dillon, seiner Lebensgefährtin in den Mund. Das Spiel der überwundenen Übelkeit setzt sich auch hier fort. Die Gesichter, die übereinander angeordnet sind, schauen uns in der festen Nahaufnahmeeinstellung an. Die Tatsache, daß es sich um einen Schwarz-Weiß-Film handelt, der darüber hinaus in Zeitlupe abgespielt wird, erinnert uns an die alten Stummfilme und die langsame und abgehackte Rückkehr einer Erinnerung. Die Szene spielt demnach in der Vergangenheit.
Der Titel bedeutet auch "zwei Aufnahmen". Die Drehtechnik verändert die Wirklichkeit, die das Bild erfaßt. Durch den Kontrast Farbe in Echtzeit und Schwarz / Weiß in Zeitlupe macht Vito Acconci deutlich, daß Hair / Mouth vor Grass / Mouth stattfindet. Was wir wie folgt übersetzen können : heute nehme ich Besitz von Gegenständen in meiner Umgebung, gestern wendeten sich meine Triebe affektiven Objekten zu. In Two Takes ist die bevorzugte Stelle des Körpers der Mund. Er verweist auf die Psychologie und die Libido (sexueller Trieb und Lebensdrang).
Die Beziehung von Vito Acconci zur Performance oder zur Body Art ist nicht nur ein Experiment. In Two Takes benutzt er das Video, den Körper und die Handlung auch dazu, den Trieb darzustellen.

Thérèse Beyler